Was können Sie tun, wenn es in Ihrer Psychotherapie zu sexuellen Kontakten gekommen ist?


Die Psychotherapie sofort beenden. Selbst wenn es Ihnen schwer fällt, weil Sie auch viele positive Gefühle Ihrem Therapeuten gegenüber haben und Angst haben, dann alleine dazustehen. Deswegen sollten Sie sich bei Beratungsstellen, anderen Therapeuten/-innen oder Betroffenen, die Ähnliches erlebt und überstanden haben, Hilfe holen.

Sie mögen verwirrt sein über Ihre Gefühle dem Therapeuten gegenüber, die zwischen Liebe, Vertrauen, dem Wunsch, ihn zu schützen, und heftiger Wut und Empörung schwanken können. Sie mögen Angst haben, darüber zu reden, weil Sie fürchten, keiner werde Ihnen glauben und Sie verstehen. Sie mögen sich verantwortlich fühlen für das, was geschehen ist, sich deswegen schämen und schuldig fühlen. Trotz all dieser Gefühle bedenken Sie: Auch wenn Sie die Initiative zu der intimen Beziehung ergriffen oder dahingehend Wünsche gehabt haben sollten, ist immer der Therapeut dafür verantwortlich, wenn die Grenzen der beruflichen Beziehung nicht eingehalten werden – unter keinen Umständen die Patientin.

Sprechen Sie mit außenstehenden Dritten über den Vorfall, mit guten Freunden, auf die Sie sich verlassen können und von denen Sie sich verstanden fühlen. Bei Gesprächen mit Partnern ist zu berücksichtigen, dass diese stark mit betroffen sind und es ihnen schwer fallen kann, Verständnis für den Vorfall aufzubringen (siehe unten).

Informieren Sie sich über die Thematik durch Bücher und anderes Informationsmaterial.

Überlegen Sie sich gründlich, ob Sie die Angelegenheit zunächst mit dem Therapeuten selbst klären möchten. In manchen Fällen haben Gespräche mit den Therapeuten in Anwesenheit neutraler Dritter zur Klärung beigetragen.

Versuchen Sie, andere Betroffene zu finden, mit denen Sie Ihre Erfahrungen austauschen können.

Sprechen Sie mit Therapeutinnen und Therapeuten, die sich speziell mit der Problematik befasst und gelernt haben, Folgetherapien und Beratungsgespräche nach sexuellem Missbrauch durchzuführen. (Erforderlichenfalls können Sie Adressen von regionalen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern über Beratungsstellen in Ihrer Region erfragen.) Patientinnen haben nach derartigen Vorfällen zunächst ein verständliches Misstrauen gegenüber Psychotherapeuten und Psychotherapien überhaupt. Hier kann es helfen, sich noch einmal zu vergegenwärtigen, dass die ganz überwiegende Mehrzahl der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zuverlässig ist, sich korrekt verhält und gute Arbeit leistet. Dennoch ist es wichtig, sich über die Einstellung des Folgetherapeuten zu der Thematik zu erkundigen und sich zu vergewissern, ob sie oder er Erfahrungen mit Therapien von Opfern sexueller Gewalt/sexueller Übergriffe hat. Die Einsicht, ausgerechnet an einen der verantwortungslosen Ausnahmefälle geraten zu sein, wird Gefühle von Wut, Enttäuschung und Trauer auslösen. Solche Gefühle können aber auch den Weg freimachen für den Versuch einer neuen Psychotherapie. In dieser neuen Therapie können dann die Folgen des sexuellen Missbrauchs aufgearbeitet und Lösungen für diejenigen Probleme gefunden werden, derentwegen die erste Therapie aufgenommen wurde.

Hier finden Sie Antworten auf häufige gestellte Fragen zu offiziellen Beschwerdemöglichkeiten über Missbrauch in der Psychotherapie.

Was können Sie tun, wenn es in der Psychotherapie Ihrer Partnerin oder Ehefrau zu sexuellen Kontakten gekommen ist?


Sie mögen sehr wütend, verletzt und traurig sein, weil Sie das Gefühl haben, von Ihrer Partnerin hintergangen worden zu sein. So schwer das zunächst zu verstehen sein mag – nicht sie hat Ihr Vertrauen gebrochen, sondern der Therapeut das Vertrauen und die Hoffnung auf Heilung, die Sie beide in ihn gesetzt haben.

Die therapeutische Beziehung ist, selbst wenn es zu sexuellen Kontakten gekommen ist, etwas ganz anderes als Beziehungen im alltäglichen Leben. Ihre Partnerin konnte sich in der therapeutischen Situation nicht frei entscheiden, wie sie dies als erwachsene Frau in ihrem Leben außerhalb der Therapie kann. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass sie sich für diesen Mann interessiert hätte, wenn sie nicht bei ihm in Therapie gewesen wäre.

Die gefühlsmäßige Bindung, die zu jeder therapeutischen Beziehung gehört, wurde von dem Therapeuten ausgenutzt. Verantwortung und Schuld für das Geschehen trägt allein der Therapeut. Er hat Ihre Partnerin geschädigt und zugleich auch Sie und Ihre Beziehung.

Leicht kommt es nach sexuellen Übergriffen von Psychotherapeuten zu Konflikten in Partnerschaft und Ehe. Den Frauen geht es danach sehr schlecht, sie sind sehr misstrauisch geworden, sogar ihren Partner/-innen gegenüber, und ziehen sich zurück. Die Partner/-innen sind wütend und verletzt wegen des als „Untreue“ erlebten Verhaltens, machen ihr Vorwürfe und können nur schwer Verständnis für ihr Leiden aufbringen.

So können intakte Beziehungen zerstört werden. Lassen Sie es nicht so weit kommen! Wenn Sie die Probleme, die durch den Missbrauch des Therapeuten ausgelöst wurden, nicht allein bewältigen können – und das ist sehr schwer! –, suchen sie unbedingt professionelle Hilfe z. B. bei einer Ehe- und Familien- oder Frauenberatungsstelle.

Gehen Sie die Probleme gemeinsam an und unterstützen Sie Ihre Partnerin. Je besser sie das Geschehen verarbeitet, um so eher werden Sie wieder zusammenfinden. Unterstützen Sie sie bei juristischen Schritten, aber ohne sie unter Druck zu setzen. Vertrauensbrüche und Verletzungen dieser Art brauchen Zeit, um verarbeitet zu werden. Vorschnell eingeleitete rechtliche Schritte können Ihre Partnerin leicht überfordern.